Am 29. November 2020 stimmen wir über zwei eidgenössische und die Stimmberechtigten in der Stadt Bern zudem über drei städtische Vorlagen ab. Wieso ich beide nationalen Vorlagen und das Budget 2021 der Stadt zur Ablehnung empfehle, erläutere ich nachfolgend.
EIDGENÖSSISCHE VORLAGEN, 29. NOVEMBER 2020
Kooperation statt Konfrontation - Nein zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» (Konzernverantwortungsinitiative)
Ich muss vorausschicken, dass es bei dieser Vorlage nicht darum geht, ob man für oder gegen Menschenrechte oder Umweltschutz ist. Es geht auch nicht darum, ob der Profit von Unternehmen Vorrang vor Nachhaltigkeitsthemen haben soll. Ich bin klar dafür, dass die international anerkannten Menschenrechte respektiert und eingehalten sowie die Umwelt geschützt werden müssen. Die hier vorliegende Frage ist vielmehr, ob diese Initiative hierfür das geeignete Instrument ist.
Ich anerkenne die gute Absicht der Initiantinnen und Initianten, jedoch schiesst ihre Initiative deutlich am Ziel vorbei. Anstatt den Gerichtsweg zu beschreiten und damit auf Konfrontation zu gehen, bevorzuge ich den Weg der Kooperation und Kommunikation vor Ort mit den NGOs und den lokalen Behörden. Es besteht sonst das Risiko, dass insbesondere die im Fokus stehenden Unternehmen ihren Sitz ins Ausland verlegen. Damit ist gar nichts gewonnen, im Gegenteil: Es wird gleich weitergewirtschaftet wie vorher, einfach von einem anderen Land aus. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass sich Unternehmen aus den betroffenen Gebieten zurückziehen und damit Investitionen vor Ort in Arbeitsplätze und Infrastruktur verloren gehen. Und nicht zuletzt stellt die Initiative die Schweizer Konzerne ungerechtfertigt unter «Generalverdacht». Der Gegenvorschlag, der bei Ablehnung der Initiative – Referendum vorbehalten – in Kraft tritt, sieht eine Berichterstattungspflicht und Bussen vor und ist damit für mich der sinnvollere und nützlichere Weg zum Ziel.
Das Kind mit dem Bad ausschütten - Nein zur Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten»
Der Begriff des «Kriegsmaterials» wird durch die Initiantinnen und Initianten sehr weit gefasst. So fallen bereits Kleinstteile von Schweizer KMUs, die ebenfalls für zivile Zwecke produziert werden, unter diese Definition, was für mich problematisch und äusserst unverhältnismässig ist. Widersprüchlich ist zudem der Umstand, dass die Schweiz eine Rüstungsindustrie hat; jedoch will die Initiative das Halten von Aktien an Unternehmen verbieten, die in einem kleinen Ausmass Güter produzieren, die auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können – sogenannte «dual use»-Güter. Und nicht zuletzt würde dieses Verbot Institutionen wie Stiftungen, Pensionskassen und die Schweizerische Nationalbank in ihrer Anlagepolitik einschränken und den Bund überdies dazu verpflichten, sich für entsprechende Bedingungen für die Banken einzusetzen – und zwar national und international. Auf nationaler Ebene kann dies in einem schweizerischen Alleingang umgesetzt werden. Dies würde vor allem KMUs betreffen, die sich im Inland finanzieren. Grosse Unternehmen jedoch können auf den internationalen Finanzmarkt ausweichen.
STÄDTISCHE VORLAGEN, 29. NOVEMBER 2020
Kein Budget auf «Pump» für die nächste Generation - Nein zum «Budget 2021 der Stadt Bern»
Meine Haltung ist klar: Bevor man Geld ausgibt, sollte man es verdienen. Die letzte Jahresrechnung wurde mit roten Zahlen abgeschlossen, nun präsentiert uns die Regierung ein Budget für 2021 mit einem Defizit von CHF 41 Millionen – das hat so keine Zukunft. Nur bei der Öffentlichen Hand kann man es sich offenbar leisten, über längere Zeit auf Pump zu leben. In der Privatwirtschaft wäre dies nicht möglich. Potenzial für ein kleineres Defizit sehe ich im Verzicht auf den Ausbau der Veloinfrastruktur oder in der Gestaltung von Aussenplätzen und Begegnungszonen. Solche Investitionen in «Wohlfühloasen» sind derzeit nicht prioritär.
Wo auf keinen Fall gespart werden darf, ist bei der Bildung oder im Sozialbereich – im Gegenteil: Angesichts der Herausforderungen rund um die Corona-Pandemie müssten hier Ressourcen, auch bei den Prozessen im Hintergrund, aufgebaut werden, um den Betroffenen rasch und unbürokratisch helfen zu können. Eine Investition wiederum ins Berner Lichtspektakel würde sich lohnen, weil ein solcher Event Menschen in die Stadt holt, die konsumieren. Es ist zwingend angezeigt, das Budget strategisch aufzustellen und nicht einfach linear überall «ein bisschen zu sparen» nach dem «Rasenmäher-Prinzip». Im Zentrum stünden hier konkrete Überlegungen zu thematischen Schwerpunkten, wo investiert und wo gespart werden soll. Dieser strategische Ansatz fehlt.
Wie ich bei den restlichen Vorlagen abstimme, lesen Sie gerne unter https://www.vongraffenried-albrecht.ch/politik.html nach.
Herzliche Grüsse
Monique von Graffenried-Albrecht