Laudatio zu Ehren des 75-jährigen Jubiläums des BPW Clubs Bern. Gelb ist mehr als eine Farbe - gelb steht heute für 75 Jahre BPW Club Bern, 75 Jahre Engagement, Leidenschaft, Diskussionen, Sitzungen, Entscheide, Erfolge und Höhepunkte, die uns heute zum Feiern einladen.
Gegründet wurde der Club in der Nachkriegszeit. Eine Zeit, in der die Männer zurück vom Militärdienst kamen, wieder in ihren Berufsalltag einstiegen und ihre Funktionen in der Wirtschaft übernahmen. Es ist nachvollziehbar, dass sich engagierte Frauen zusammenschlossen und gemeinsam den Berner Frauenclub gründeten, wie unser Club in seiner Anfangszeit noch hiess.
Ganz so selbständig und unabhängig von den Ehemännern war diese Bewegung allerdings noch nicht. So wurden Neumitglieder im Rahmen der Aufnahme nach dem Geschäft des Ehemannes gefragt – und dass noch bis in die 80er Jahre. Dies schien die Frauen aber nicht davon abzuhalten, Mitglied zu werden. So hatte unser Club bereits in den 60er Jahren 180 Mitglieder – eine Grösse, wie wir sie heutzutage wieder haben.
Mein Blick in das Archiv hat mir gezeigt, dass gewisse Themen Dauerthemen zu sein scheinen. Dem Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit war bereits in den 50er und 60er Jahren Clubabende gewidmet. Und in den 70er Jahren gab es einen Abend zum Thema «Zahlvater oder biologischer Vater» - ein nach wie vor brandaktuelles Thema.
Machen wir einen Sprung in das Jahr 2001. Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren hat der Club Bern zusammen mit dem Club Donetsk in der Ukraine ein Twinning Projekt gestartet. Gerade in der doppelt schwierigen Zeit für die Ukraine wegen der Situation auf der Krim und der Pandemie ist es wichtig, unsere Kolleginnen mit der Finanzierung von konkreten Projekten für Frauen und Mädchen zu unterstützen. Dies ist gelebte internationale Solidarität unter Frauen. Ein Highlight dieses Twinnings war sicherlich unsere Clubreise im Jahr 2013 in die Ukraine.
Was für Erkenntnisse ziehe ich aus meinem Blick in das Archiv? Auch wenn unsere Vorgängerinnen mit hartem Kampf, unermüdlichem Einsatz und hoher Frustrationstoleranz vieles erreicht haben, bleibt noch einiges zu tun. Erstens ist das Erreichte noch jung und dementsprechend verletzlich und gefährdet. Nichts darf als Selbstverständlich angesehen werden, das Erreichte muss immer wieder verteidigt und eingefordert werden. Zweitens sind wir noch nicht dort, wo wir sein möchten. So lange – als Beispiel – jede Lohnanalyse zu Ungunsten der Frauen ausfällt, so lange haben wir einen Systemfehler. Ein ähnliches Problem haben wir in der Politik. Die Schweiz feiert 50 Jahre Frauenstimmrecht. Dies war vor 50 Jahren ein Meilenstein – zu gleich ist es für mich nach wie vor enttäuschend. Die Schweiz wird national wie international als das Paradebeispiel der Demokratie gelobt – dabei ist sie es erst seit 50 Jahren. Und in den politischen Ämtern dominieren nach wie vor unsere männlichen Kollegen. Wie sieht es in der Wirtschaft aus? Die mit der Aktienrechtsrevision eingeführte Quotenregelung bringt hoffentlich etwas Bewegung.
Erlaubt mir noch einen Blick in die Zukunft. Unsere Welt wird als wie digitaler. Künstliche Intelligenz, Algorythmen und Roboter breiten sich aus. Wir sind heute erst am Anfang dieser Entwicklung. Gesichtserkennung, digitale Charakteranalyse, technisches Monitoren der Augenbewegungen um das Interesse der Person zu erurieren – das wird alles exponentiell zunehmen. Big brother is watching you – und das Wort «brother» habe ich hier ganz bewusst gewählt. Wer, Mann oder Frau, mit welchen Werten und Massstäben programmiert denn die Algorythmen? Ich mache mir nicht so Sorgen, wenn es um selbstfahrende Autos geht – es ist vielleicht von Vorteil, wenn das selbständige Einparkieren von einem Mann programmiert wird. Wenn aber das Recruting von Mitarbeitenden von Alogrythmen vorgenommen wird, frage ich mich, ob der Bewerbungsprozess effektiv genderneutraler wird. In der Medizin ist das Problem, dass klinische Studien weitgehend an Männern zwischen 25 und 60 Jahren durchgeführt werden, erkannt. Aber wie sieht es aus mit dem digitalen Therapiemanagement? Wenn die Software für Behandlungen von der einen Hälfte der Bevölkerung programmiert wird, frage ich mich, ob das Ergebnis auch für die andere Hälfte passt. Als weiteres Thema möchte ich den Finanzbereich erwähnen. Nicht nur die Kryptowährungen, auch ganze Anlagestrategien werden als wie mehr digital erarbeitet.
Da auch heute an den Fachhochschulen und Universitäten die Frauen in den MINT-Fächern markant untervertreten sind, wird uns die Frage, wer unsere zukünftig digitale Welt programmiert noch Jahrzehnte begleiten.
Daher können wir nicht zurücklehnen und uns im Erreichten sonnen. Wir müssen uns weiter einsetzen für gleiche Rechte und gleiche Pflichten von Mann und Frau im Berufsleben.
So wichtig dieses Engagement ist, das Netzwerk BPW bietet noch viel mehr. Es ist auch ein Ort der Geselligkeit und der Freundschaft. Diese Aspekte sollen heute Abend im Vordergrund stehen. Geselligkeit und Freundschaft, Feiern und Lachen, Gemeinsam uns freuen an dem Erreichten und an dem Geburtstag von unserem Club. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen wunderschönen Abend.